Mit meinem Blogumzug versuche ich auch, diese Seiten immer mehr zu meinem Hauptprofil im Netz zu machen. Dazu gehört auch meine Publikationsliste. Nicht erst seit dem Science 2.0 BarCamp denke ich darüber nach, wie eine solche Liste in der digitalisierten (offenen) Publikationswelt aussehen sollte?
tl;dr
Publikationslisten sollen kein Selbstzweck sein, sondern Informationen beinhalten, die diesen Namen verdienen. Aber welche sind das? Weiter unten habe ich erste Erkenntnisse zusammengefasst. Ergänzungen (vor allem von Bibliothekaren) erwünscht!
Der Anlass: ILD Day an der FH Lübeck
Diese Woche findet beim Institut für Lerndienstleistungen (ILD) der erste ILD Day statt. Von Donnerstag 12:00 Uhr bis Freitag 12:00 Uhr bekommen alle Mitarbeiter…
„…Zeit zur freien Verfügung, um sich mit Themen zu beschäftigen, die im Zusammenhang mit den Produkten oder Diensten des ILD bzw. oncampus stehen. Einen Tag lang erhalten sie volle Autonomie. Gearbeitet wird mit wem man will, an Themen, die man sich selbst definiert hat. Es gibt keine weiteren thematischen Vorgaben außer, dass die Idee neu und außerhalb des Tagesgeschäfts liegen muss.“ (internes Wiki)
Das ganze findet alle 2 Monate statt und am Montag darauf werden in der Montagsbildung die Ergebnisse vorgestellt.
Natürlich finde ich, dass das eine tolle Sache ist. Da das aber der erste Tag dieser Art ist, hatte ich diesen Freitag bereits einen Auswärtstermin geplant und die Vorbereitungen zum ProjektmanagementMOOC (Anmeldung läuft noch!) müssen auch erst noch abgeschlossen werden. Es bleibt also vermutlich nur der Donnerstag Nachmittag und somit nur Zeit für ein kleines Projekt, dessen Vorbereitungen aber mit diesem Blogbeitrag beginnen sollen.
Warum eigentlich eine Publikationsliste?
…weil es mir nicht auf die Länge ankommt…
Wir alle wissen: Publikationen sind seit jeher Mittel zum akademischen Schwanzlängenvergleich. So hatten einige Wissenschaftler wie Christian Spannagel oder Oliver Tacke zeitweise ganz auf Publikationslisten verzichtet. Das mag zum Teil stimmen und es gibt immer wieder Beispiele, in denen klar erkennbar ist, das der Autor nicht vor hat, Leser zu gewinnen, sondern Bewunderer seiner Publikationspraktiken adressiert.
Ich dagegen sage gleich: zu 80% bin ich wohl der Grund für die Klicks auf meine Publikationsliste. Neben den (hoffentlich immer) vollständigen und korrekten Literaturangaben habe ich hier vor allem Links zu den Konferenzseiten, Slides und soweit ich hinterherkomme (oder sie vom Verlag bereit gestellt werden) zu den Volltexten. Die meisten davon habe ich unter eine freie Lizenz gestellt und dann ist es nur logisch, dass sie auch auffindbar sein sollten. Auf der Liste finden sich daher auch nicht nur Zeitschriften- und Konferenzbeiträge, sondern auch kleinere Vorträge und Workshops, denn diese können ebenso interessant und wiederverwendbar sein. Neben meiner eigenen Liste haben wir auch bei Projekten wie SOOC oder SOOPAL gemacht.
Warum mehr als eine einfache Publikationsliste?
Bereits als ich an der Professur Wirtschaftsinformatik in Chemnitz anfing zu arbeiten, gab es hier eine angepasste WordPress-Installation. Unser Webseiten-HiWi Michael Winkler hatte dafür extra das PlugIn TeachPress entwickelt, das neben der Verwaltung von Lehrveranstaltungen und Studierenden auch ein Publikationsmanagement ganz nach unseren Wünschen enthielt. Neben den sauber generierten Literaturangaben gibt es Abstracts, Links, BibTeX-Angaben und filterbare Schlagwörter (hier zum Anschauen auf meiner ehemaligen Mitarbeiterseite). Zudem wurden die Publikationen der einzelnen Mitarbeiter in einer Gesamtliste ohne Zusatzaufwand aggregiert.
An der FH Lübeck habe ich eine solche Liste etwas vermisst (und dabei geht es wie gesagt auch um Vorträge und nicht nur um „harte“ Publikationen). Diese finden sich zwar im Wiki und der zentralen Dateiablage, aber das ist natürlich keinesfalls für Außenstehende auffindbar.
Wie so oft war und ist das eine der „das haben wir auch schon seit längerem auf der ToDo-Liste“-Aufgaben im Team, die aber in der Priorität bislang hinter anderen Aufgaben zurückstecken musste. Und Tadaa: Das ist doch perfekt für den ILD Day. Ich pimpe ein wenig mein Weblog und nehme Erkenntnisse für das ILD mit. \o/
Wie sieht die Publikationsliste 2.0 aus?
Aus den obigen Best Practices sind folgende Bestandteile klar:
- Saubere und möglichst vollständige Literaturangaben. Dabei soll sich möglichst viel herauslesen lassen, d.h. abgekürzte Vornamen sind bspw. wenig hilfreich.
- Links zu externen Ressourcen, wie Konferenzseiten, Präsentationen auf Slideshare, Prezi etc., ggf. Volltexten.
- Sofern gegeben: URIs wie DOI oder ISBN/ISSN.
- Leicht kopierbare Formatierung, bspw. im BibTeX-Format.
- Links zu weiteren Katalogen, die die Publikation enthalten, wie Mendeley oder Research Gate.
- Volltexte. Dabei habe ich diese bisher entweder auf den Konferenzseiten verlinkt oder als Draftversion langzeitarchiviert auf Qucosa gestellt (hier hänge ich aber ganz schön hinterher).
- Ganz toll wären auch Filtermöglichkeiten nach Projekten, Schlagworten oder Autoren.
Und hier fangen meine Fragen schon an:
- Welches Format für die Literaturangaben ist „das beste“?
- Links sind ja nett, aber 1.0. Ist Einbettung nicht besser? Das macht aber die Übersichtlichkeit kaputt. Bei den letzten Publikationen habe ich jeweils einen Blogpost dazu verfasst und dort eingebettet. Gerade im Hinblick auf die IDL-Vortragslisten: Was ist hier besser?
- Welche URIs sind wichtig? Welche Formate für Zitationen (BibTeX) sind en vogue?
- Sind langzeitarchivierte Repositories wichtig? Sind Draft-Versionen (wie bisher) der richtige Weg?
- Gibt es noch mehr? Was ist mit Metriken? Wo bekommt man so etwas her?
Was ich suche…
Ich will am ILD Day meine Liste optimieren. Das kann ich bspw. durch Plugins tun, Sascha Förster hat hierzu bspw. zwei gute Übersichten erstellt (1 und 2), aber auch durch weitere externe Dienste oder einfach Formate. Hierfür suche ich vorbildliche Beispiele und weiter Hinweise auf Tools und aktuelle Standards. Was sucht Ihr auf Publikationslisten? Was ist jetzt schon möglich? Was wäre für eine Institution wie dem ILD außerdem noch interessant?
Mit dieser Frage richte ich mich vor allem an Informationswissenschaftler und Bibliothekare, aber auch an jeden, der letztendlich mit Referenzen arbeitet. Meine Ergebnisse werde ich natürlich auch wieder zur Verfügung stellen (für die Montagsbildung müsste ich es ohnehin kurz aufarbeiten).
Beitragsbild: the archive of the available past by Jo Guldl (CC BY 2.0)
22. April 2015 um 9:09 Uhr
Ich habe immer noch keine vollständige Liste auf einer Seite, sondern bloß thematisch gegliederte Übersichten zu geteilten Inhalten. Finde deinen Beitrag aber schön und habe darin auch Anregungen gefunden, was ich ergänzen könnte.
6. Mai 2015 um 22:18 Uhr
Abstracts und eine englische Übersetzung der Titel finde ich noch wichtig. Wenn ich mal viel Zeit habe, würde ich mir auch eine solche Liste erstellen. Hast du dir schon mal die Mendeley API angesehen. Je Publikations-Art gibt es noch eine Reihe zusätzlicher Felder, die man u.U. mit den von dir genannten Informationen füllen kann.
24. April 2015 um 19:20 Uhr
Sehr interessanter, anregender Beitrag, vielen Dank!
Ich glaube wenn man das Thema von der potentiellen LeserIn der Publikationsliste her betrachtet, kann man zwei Hauptziele festhalten: 1. Einen Überblick gewinnen. Wobei die Meinungen auseinander gehen können, was dabei zählt: Möglichst alles, oder möglichst nur „qualitätsgesicherte“ traditionelle Publikationstypen. 2. Schnell zum Inhalt zu kommen – durch Links, evtl. Einbettung.
Facettierte, filterbare Literaturlisten für den optimalen Überblick konnte man früher wunderbar mit Simile Exhibit umsetzen, einem freien Javascript-Widget – bin mir aber nicht sicher, obs das noch (brauchbar) gibt.
Manche Content Management Systeme, u.a. Drupal (https://www.drupal.org/project/biblio) und MediaWiki, haben zu dem Zweck sehr brauchbare Bibliographie-Module.
Von der Person aus betrachtet, die ihre eigene Liste pflegt, hat man, glaube ich, vor allem ein Ziel: Das ganze soll möglichst einfach zu pflegen und zu aktualisieren sein. Früher hieß das vor allem: Import von Daten aus diversen Quellen via APIs, oder via BibTeX oder RIS, die man dann nachträglich korrigieren kann. 2008 (dem Gründungsjahr von ResearchGate, Mendeley und academia.edu) oder spätestens 2012 (Google Scholar Citation Profile und ORCID) sind diese Erwartungen noch weiter gestiege. Seit dem erwartet man, dass sich das eigene Profil sogar automatisch aktualisiert, natürlich ebenfalls mit manueller Korrekturmöglichkeit.
ORCID finde ich besonders sympathisch, da ich als AutorIn dabei nicht die Kontrolle über meine Liste abgegen muss, aber trotzdem diese netten Automatismen habe.
Zum Thema Formatierung/Stil: Nach meinem Eindruck ist Citeproc/CSL zu einem wichtigen neuen Standard geworden, wenn es darum geht, wie ich ein Stück Literatur beschreibe oder zitiere.
Zum Thema des besten Formats: Es wird oft gesagt, dass MODS XML ein besonders expressives Format ist, dass sich als Zwischen-Format zum Konvertieren zwischen Sachen wie BibTeX, Endnote und RIS eignet. Die vielleicht bekannteste Implementierung von MODS XML ist Chris Putnams Bibutils. MODS wird immer noch weiter gepflegt, u.a. benutzt Zotero das als internes Format. Wenn man den Abgleich zwischen MODS 3.5 und MARC21 mal vergleicht – letzteres ist das in der Bibliothekswelt heute am weitesten verbreiteten Modell für bibliographische Datensätze – dann fällt auf, dass MODS zwar detaillierter ist als COinS etc., aber bei weitem nicht so detailliert wie ein heutiger Bibliothekskatalog ist oder zumindest sein könnte. http://www.loc.gov/standards/mods/v3/mods2marc-mapping.html
In der Bibliothekswelt wird seit 2-3 Jahren viel darüber geredet, dass man MARC endlich mal durch RDF-basierte Modelle ablösen müsse. Manche setzen dabei auf Bibframe, andere eher auf eine Erweiterung von schema.org für bibliographische Entitäten. Auf jeden Fall wird, so meine Einschätzung, mittelfristig dabei was herauskommen, was sich von Normalsterblichen weit besser pflegen lässt als ein MARC-Datensatz, und was sich auch besser in Webanwendungen aller Art integrieren lässt. Die Entscheidung, wie man Daten auch in solchen kleinen persönlichen Literaturlisten modelliert, wird dann bald – hoffentlich – nicht mehr so schwer fallen.