In dieser dritten Woche des #mmc13 stand das erste MOOC-O im Vordergrund, das da ja für „Open“ steht. Ganz natürlich reihten sich zu den OER als offen zugängige Lernmaterialien auch die Creative-Commons-Lizenzen, die für eben solche freien Lernmaterialien solide und (weitestgehend) rechtssichere Lizenztexte bereitstellen.
Fallstricke bei der Mediennutzung im Internet
Dennoch sind die Fallstricke hoch gespannt und selbst diejenigen, die sich vermeintlich intensiv mit CC-Lizenzen beschäftigen und dafür werben, fallen drüber. (An dieser Stelle würde ich gern die Beispiele zur Demonstration verlinken, aber ich möchte es diesen Aasgeiern von Anwälten, die es eben auf solche Versehen abgesehen haben, nicht zu leicht machen. Daher nur anonymisiert):
- Das OER-Logo der UNESCO selbst steht unter CC-BY-Lizenz. Das heißt also vor allem, dass der Name des Designers genannt werden muss. Übersieht man leicht, kann aber im Zweifel zu Kosten für die Nachlizensierung führen.
- Wenn Links geteilt werden, binden Facebook, Google+ und Co. mittlerweile gern Vorschaubildchen ein. Diese können aber schon Urheberrechtsverletzungen darstellen, ohne dass der Nutzer die Bilder aktive eingebunden hat und tw. auch nichts dagegen tun kann. Kann ich demnach noch Links öffentlich meinetwegen auf Google+ posten? Muss ich erst prüfen, wem das Vorschaubild gehört? Ich weiß es nicht.
- In einem Video werden vermeintliche „Musikzitate“ eingespielt. Ob der Umfang noch ein „Kleinzitat“ ist und das eigene Werk ausreichend unterstützt kann ich auch nach Recherchen dazu nicht beantworten. Ich würde es eventuell mit den Filmeinspielungen von Stefan Raab in TV Total gleichsetzen, was vom BGH nicht als Kleinzitat anerkannt wurde. Aber ist Musik hier gleichwertig zum Film zu sehen? Ich weiß es nicht.
- Auf Foliensätzen zu Vorträgen sind Flickr-Bilder ja schon sehr verbreitet. Dass nicht jedes Bild von Flickr unter einer CC-Lizenz steht, scheint dabei einigen zu entgehen. Ob sie das Bild trotzdem im Rahmen eines wissenschaftlichen Vortrags verwenden dürfen, weil die „Freiheit von Forschung und Lehre“ darübersteht? Und ist die Bereitstellung der Präsentation über Slideshare noch „Forschung und Lehre“? Ich weiß es nicht.
Ist das im Rahmen? Ich weiß es nicht.
Wenn ich etwas aus einem Laden mitnehme ohne es zu bezahlen ist das Unrecht. Wenn ich ein Musikstück von einem Künstler aufführe und dann behaupte, dass es meins wäre, ist das Unrecht. Wenn ich einen Absatz aus einem Buch in einen Blog-Artikel einfüge und sage, es wäre meiner, ist das Unrecht. Wenn ich einen Film auf einem Server bereitstelle, mit dem die Produzenten noch Geld verdienen wollen und ihn deshalb nicht unter eine freie Lizenz gestellt haben, ist das Unrecht. Und das weiß ich auch.
Wenn ich die Fälle oben betrachte und überlege, ob das Beispiele für Unrecht sind kann ich nur wiederholen: Ich weiß es nicht. Ich habe in meinem Studium eine Lehrveranstaltung zu Medien- und IT-Recht und kann die CC-Lizenzarten fast singen. Und dennoch kann ich die Fragen nicht beantworten. Ich habe auch noch niemanden getroffen, der hier einen selbstsicheren Eindruck auch nur heucheln konnte. Wie sollen denn Laien da durchblicken?
Du darfst… was?
Beim Educamp in Ilmenau 2012 hatte @ralfh in einer Session angestoßen, nicht immer nur die Verbote, sondern vor allem das Erlaubte zusammengetragen. Ich habe leider nicht mitbekommen, ob und wie diese Idee das EduCamp überlebt hat (ich werde ihn aber auf den Blogeintrag hinweisen und auf eine Antwort hoffen). Ich habe im Zuge dieser MMC13-Woche eine Wikiversity-Seite zur Frage Where2OER angestoßen (kann allerdings nicht sehr viel Zeit investieren), auf der ich Plattformen zum Teilen von OER zusammengetragen wollte, da ich eine solche Übersicht noch nicht finden konnte. Vielleicht ist es ein Anfang.
Dennoch und gerade deshalb kann ich es niemandem verübeln, wenn er Contents nicht als OER und/oder unter CC-Lizenz stellen möchte. Ich teile die Ansicht, dass mit öffentlichen Geldern finanzierte Lehrmittel ganz selbstverständlich als OER bereitgestellt werden sollten, allerdings fehlt hier jegliche staatliche Unterstützung: Der politisch gewünschte Wettbewerb zwischen den Bildungsinstitutionen lässt viele Lehrende im Unsicheren, ob sie mit der Freigabe ihrer Inhalte der eigenen Position nicht schaden. Viel problematischer sehe ich aber die fehlende Unterstützung bei nutzungsrechtlichen Fragen und Problemfällen: Lehrende sind diesbezüglich nicht geschützt, Universitäten und Schulen werden ebenso abgemahnt wie der Musikpirat von nebenan. Uns erreichte einst ein Rundschreiben der Unileitung, indem darauf hingewiesen wurde, dass wir auf den Webseiten der Hochschule die Urheber- und Nutzungsrechte beachten sollen – allerdings ohne weitere Erklärung. So wäre es hilfreich gewesen, den Fall, der offenbar zu dieser E-Mail geführt hat, zu schildern, um andere Mitarbeiter vor diesen Pannen zu bewahlen. Eine Deckelung der Gebühren für die erste Abmahnung könnte hier helfen, dennoch fehlt der Anreiz, sich dieser Gefahr auszusetzen.
Ein OER-Flashmob, alle finden ihn toll, aber keiner macht mit?
In dieser MMC13-Woche wurde zum OER-Flashmob aufgerufen. Das ist fraglos eine gute Sache. Dennoch sehe ich einen Tag vor dem Ende der Themenwoche, dass der „Platz für eure Beiträge direkt auf diesem Wiki“ noch sehr leer ist. Warum? Ich bin mir sicher, einer der Gründe sind die rechtlichen Unsicherheiten, die zu beseitigen aber leider nicht in unserer Hand liegen. Man kann nur hoffen, dass die ständige Thematisierung die Akteure in der Politik anspornt, hier eine OER-freundliche (rechtliche) Infrastruktur zu schaffen.
Beitragsbild: Warning unauthorized use may vaporize you by bengt-re (CC-BY)
14. Februar 2013 um 18:20 Uhr
Danke Anja für deine Ehrlichkeit und Einschätzung.
das scheint ja alles diffuser zu sein als es auf den ersten Blick scheint. Fange aber gerade erst an mich in die Thematik einzuarbeiten. Aber diese Hinweise auf mögliche Gefahren, hab ich noch gar nicht gesehen, genauso wenig eine Liste was möglich und in Ordnung ist.
Eine eindeutige rechtliche Grundlage ist eigentlich unumgänglich, um Sicherheit zu geben für die Veröffentlichung. Mit Urheberrechtsverletzung ist ja nicht zu spaßen und Anwälte verdienen gutes Geld damit.
Selbst für Kommentare auf dem Blog ist der Blogbetreiber verantwortlich und kann ggf. zur Rechenschaft gezogen werden.
Eine Rechtssicherheit und eindeutiges Recht gibt es momentan wohl nur eingeschränkt, wenn ich da alles so recht verstanden habe.
14. Februar 2013 um 18:45 Uhr
Ja, das Problem ist einfach, dass das Urheberrecht im Kern aus einer Zeit ist, in der es noch kein Internet gab. Als das dann losging, hat man so flickschusterisch etwas hinzugefügt oder verändert, aber das nie ganz ernsthaft in Angriff genommen (siehe Vortrag von Rainer Kuhlen http://www.kuhlen.name/MATERIALIEN/Vortraege2012/Rainer-Kuhlen-vortragstext-dbv-WZ-25102012-PDF.pdf). Das schlägt jetzt zurück und daher sind diese Open-Bewegungen ja auch so wichtig: Wenn man einmal verstanden hat, wie das mit dem CC funktioniert (Namen dazu schreiben, wenn SA dann nur wieder selbst als CC-Lizenz veröffentlichen, wenn NC dann nur nicht-kommerziell, wenn ND dann nur genauso wiederveröffentlichen). Wir wissen auch, wie man mit offensichtlichem Bezahl-Content umgeht, wie Bilder auf Fotolia & Co: Steht ein Preis daneben, muss ich es kaufen. Aber was ist mit dem Zeug dazwischen? Warum reicht es hier nicht, die Quelle hinzuschreiben? Und warum muss das dann auch gleich so viel kosten, wenn man mal was falsch gemacht hat?
Auf der WI2013-Tagung übernächste Woche in Leipzig gibt es einen Beitrag zu „Legal Literacy and Users’ Awareness of Privacy, Data Protection and Copyright Legislation in the Web 2.0 Era“ von Katharina Steininger & David Rückel, auf den ich schon sehr gespannt bin. Allein schon der Begriff „Legal Literacy“ – Rechtskompetenz sagt ja schon, wie es um die Verständlichkeit der Gesetzgebung steht…
4. März 2013 um 14:12 Uhr
Hallo Anja
ich habe deine Nachfrage erst Anfang letzter Woche gelesen, da ich im Moment kaum auf Twitter unterwegs bin. Zuerst das Wichtigste: Die Idee hat überlebt!
Worum ging es? Ich trage seit einiger Zeit die Idee mit mir herum einen einfach zu verstehenden Text zum Urheberrecht zu erstellen, der aufzeigt, was man nutzen darf ohne sich Probleme an den Hals zu holen. In Ilmenau während einer Session haben wir daran gearbeitet. Dazu gibt es ein Pad: http://unserpad.de/p/ecil12_b7.
In den letzten Wochen habe ich mit Christian Czaputa und Christian Kleinhanss einen ‚OER und Moodle‘-Workshop im Rahmen der Moodle-Anwenderkonferenz vorbereitet. Dazu habe ich einen ersten Text verfasst und diskutiert. Es entstand die Idee, diesen noch um eine checklistenförmige Darstellung zu ergänzen. Daran überlege ich gerade. Der Text wird in Kürze öffentlich unter CC gestellt.
Während der Moodle-Konferenz haben wir das Thema OER-Plattform für Moodle-Kurse diskutiert. Das Ganze schaut sehr vielversprechend aus und wird nun vorangetrieben. Dazu wird dann im Umfeld von http://moodle.org http://moodle.de und http://dialoge.info (mein blog) zu lesen sein.
Ralf
9. März 2013 um 11:23 Uhr
Hallo Ralf,
schön, dass es die Idee immer noch gibt. Ich freue mich auf die Veröffentlichung und werde sie weiter streuen (wird ja sicher irgendwie über das Netz schwappen).
Viele Grüße
Anja