Literatur-Reviews sind dankbare Aufgabenstellungen für studentische Arbeiten: Die Methodik ist relativ klar, es ist zunächst einmal Fleißarbeit (und wird damit gern von uns Mitarbeitern als Aufgabe abgegeben ;)) und am Ende hat man oft eine brauchbare Datenbasis, auf der andere Arbeiten aufbauen können. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Aufgabe besteht darin, den Zugang zu Literaturquellen zu bekommen. Hierbei helfen wir den Studenten auch oft, da wir noch diverse Zugänge zu Literaturdatenbanken kennen und unterschiedlich als Mitglieder der ein oder anderen Organisation auf deren Publikation Zugriff haben. Umso frustrierender ist es, wenn man dann wirklich keinen Zugang zu den Publikationen bekommt, sondern nur ein Einkaufswagensymbol.

Good Idea von Accretion Disc (CC-BY)

Und so ging es mir letztens, als mich ein Student nach dem Tagungsband der DeLFI2012 fragte, weil er ihn einfach nicht finden könne. Ich fragte einen der Herausgeber an und tatsächlich: den Band gibt es nicht online. Auch nicht über das Uninetz. Nur für 56,80 € bei der GI. Der nächste gedruckte Band in einer Bibliothek steht in Leipzig, ein Anschaffungsauftrag oder eine Fernleihe bei der Unibibliothek dauert für die Arbeit zu lange.

Closed Access als Forschungsbarriere

Und dann sitzt man mit dem Studenten da und überlegt, wie er denn das Problem lösen solle, schließlich soll er die wichtigsten deutschsprachigen E-Learning-Konferenzen untersuchen und zu denen hatte ich die DeLFI bisher gezählt. Er kann “tricksen” und den Untersuchungszeitraum von der DeLFI enden lassen, was aber sehr unbefriedigend ist. Er kann sich die Beitragstitel im Programm anschauen und die Autoren einzeln anschreiben, was ebenfalls immens Zeit kostet und aus einer Aufgabe für 1-3 Tagen (je nachdem, wie tief er die Kapitel lesen muss) auf mehrere Wochen ausweitet.

Aber sollen unsere Themen demnächst so ausgeschrieben werden?

Themenvorschlag für eine Abschlussarbeit: … Um dieses Thema in Ihrer Abschlussarbeit zu bearbeiten brauchen Sie ca. 400€ für den Zugang zur Literatur. Bitte senden Sie uns mit Ihrer Bewerbung eine Bestätigung darüber, das Geld aufbringen zu können.

Noch schlimmer wird es, wenn die Konferenzwebseite nicht mehr erreichbar und damit der Kontakt zu den Herausgebern nicht möglich ist, was uns bei unserem ICIS-Paper mehrfach passiert ist und wir eigentlich vorgesehene Publikationskanäle aus unserem Review-Repertoire wieder streichen mussten (wir haben uns damit getröstet, dass die Konferenz für Social BI vermutlich ohnehin zu alt und zu weit thematisch entfernt war).

Bei L3T’s Work wurde folgende These aufgestellt:

“Urheberrechtlich geschützte Lehrmaterialien werden in fünf Jahren für Lehrende unbrauchbar/uninteressant sein.”

Gleiches gilt wahrscheinlich (oder hoffentlich?) schon bald für Artikel, die für die Forschenden nicht zugängig sind (und damit meine ich noch nicht einmal Open Access, ein Zugang über die Unibibliothek wäre ausreichend). Und ich komme ernsthaft ins Grübeln, ob wir den Artikel, den wir für die DeLFI 2013 vorbereiten, nicht doch für eine andere Konferenz aufheben sollten …

(Auflösung: Ich werde den Tagungsband auf totem Wald gedruckt wahrscheinlich am Montag von einem Kollegen aus Dresden bekommen, der auf der DeLFI2012 einen Beitrag hatte.)

Beitragsbild: Good Idea von Accretion Disc (CC-BY)