Beschreiben Sie Ihre persönliche Lernumgebung im Netz: Welche Tools und Links gehören dazu? Wie verbinden Sie diese Tools und Links zu Ihrer “persönlichen Lernumgebung”? (opco11, Woche 4)

Zunächst erst einmal: Ich hatte mich eine ganze Weile mit der Idee der persönlichen Lernumgebung beschäftigt und hatte dabei immer den Eindruck, dass PLEs als DAS Konzept zum Lernen überhaupt propagiert würden (vgl. Attwell 2007; Pontefract 2009; Wilkins 2009, Willis 2011). Egal ob man PLEs als abstaktes Konzept auffasst und von Internetquellen über Desktoptools bis hin zu den unbedingt benötigten Süßigkeiten zum Lernen alles dazuzählt (vgl. Attwell 2007, Schaffert & Kalz 2009), oder ob die persönliche Schaltzentrale in einem Dashboard o.ä., also als konkretes Tool realisiert wird (vgl. Ebner & Taraghi 2010, Ivanova 2008): ich denke, mit LMS und PLE werden letztendlich unterschiedliche Lernprozesse unterstützt, die beide ihre Daseinsberechtigung haben: Einmal in LMS zur Organisation formeller Lernprozesse zur Zertifizierung der Ergebnisse und bestimmt durch ein oder mehrere Institutionen, auf der anderen Seite sind die persönlichen Bereiche für alles da, was über diese Wege hinausgeht: weitere Links, eigene Organisation der Inhalte, Diskussionen oder ganz andere Themen, in denen man sich persönlich weiterbilden möchte.

Mein Wiki als PLE (?)

Nun zu meiner PLE: Meine Schalt- und Waltzentrale ist mein eigenes, persönliches Wiki. Bisher ist das für mich der flexibelste Weg, Informationen, Quellen etc. zu sammeln, wesentliche Punkte zu strukturieren und gegenüberzustellen. Auch wenn Wikis ja gut zur gemeinsamen Arbeit Dokumenten sind, habe ich mich bewusst dafür entschieden, hier meine eigene Suppe zu kochen, eben weil es um meine persönlichen Lern- und Arbeitsprozesse geht. Dabei habe ich mich für ein DokuWiki mit Arctic-Theme entschieden. Interessanter ist (vielleicht) wie ich es nutze:

  • Strukturierung von Wissen. Manche Doktoranden lesen ja tatsächlich Journal-Artikel, Konferenzartikel, Bücher (naja, die werden eher überflogen) und vieles mehr. Die hier gefundenen Informationen kann ich nach Themen sortiert auf den Wiki-Seiten speichern, Strukturieren und miteinander verbinden. Die Namespaces in Dokwiki lassen sich hier gut einsetzen, aber auch Tags (per Plugin)
  • Quellen als solche behandeln. Auch, wenn es jüngste Plagiatsmeldungen vermuten lassen: nicht alle Dissertationen sind abgeschrieben. Und damit mir das nicht passiert (ich denke, beim schlampigen Umgang mit Zitaten kann das “mal” vorkommen, sollte es aber nicht und der prozentuale Anteil liegt dann weit unter den “populären” Copy&Paste-Dissertationen) habe ich jede Information mit Quellenangaben hinterlegt. Durch Fußnotensyntax stören die beim Lesen auch nicht so, Vollzitate treten dank Blockquote-Plugin hervor und teilweise habe ich auch mit Hilfe des BibTeX-Plugins die kompletten Quellenangaben hinterlegt, was Publikationen sehr erleichtert.
  • Einreichungen im Blick behalten. Auf einer Seite notiere ich Paperideen, auf weiteren geplante, eingereichte, angenommene und abgelehnte/zurückgezogene Paper.
  • Schnelle Notizen zu Blogeinträgen, Webseiten, Gedanken etc.
  • Links zum Schnellzugriff. Auch wenn ich über Social Bookmarks alles vertagged habe, was man nochmal gebrauchen könnte, gibt es doch ein paar wenig Links, die ich schneller finde, wenn ich über das Wiki gehe (z.B. den Server für Normen unserer Unibibliothek, der sehr gut versteckt ist). Außerdem habe ich in einer Seitenleiste Links zu weiteren Tools gespeichert.
  • Persönliche Daten. Ja, das ist einer der besonderen Vorteile eines privaten Wikis: Ich kann hier auch Projektnummern, Telefonnummern, Gesprächsnotizen etc. ablegen, meine Arbeitsstunden für den Verein notieren.

Erweiterungen nach außen

Natürlich reicht das Wiki nicht, um alle Aufgaben abzudecken. Definitiv gehören auch noch die folgenden Tools zu meiner PLE (inkl. Verknüpfung zum Lern- und Arbeitsprozess):

  • BibSonomy zur Verwaltung von Quellenangaben, Mendeley zur Verwaltung der Dokumente, manchmal auch zum Lesen (wenn die Artikel kürzer sind, ich nur was suchen oder Notizen mit Kollegen gemeinsam dran verfassen will. Beide habe ich meine Lesezeichen-Symbolleiste integriert, wobei ich mit Mendeley fast nur über die Desktop-Anwendung arbeite. Ich habe auch Citavi für ein paar Projekte ausprobiert, bin aber nicht soo überzeugt, weil der Aufwand zum Speichern von Zitaten doch sehr hoch ist.
  • delicious für Social Bookmarks, die ich per Firefox-Plugin anlege.
  • Twitter habe ich per Ecofon in Firefox integriert, weil mich das am wenigsten ablenkt und trotzdem schnell zur Verfügung steht.

Im März wurde meine PLE außerdem um ein Android-Smartphone und damit auch meine Bedürfnisse erweitert: Mittlerweile scheinen nur noch Anwendungen zu gelten, die auch gut mit dem Phone zusammenpassen. Daher habe ich jetzt auch Springpad ausprobiert und finde es für Notizen unterwegs ganz gut, an vielen anderen Stellen vielleicht zu überdimensioniert und so schnell unübersichtlich.

Was noch fehlt

Die Tools selbst und auch deren Zusammenspiel sind nicht perfekt. Manchmal ist alles etwas umständlich, oft dauert es auch seine Zeit, ehe man so die richtigen Tools gefunden hat. Besonders beim Task-Management habe ich noch keine zufriedenstellende Lösung gefunden: Remember the Milk hat keine kostenlose Android-App, das Task-Plugin fürs DokuWiki benachrichtigt nicht per Mail, etc. Derzeit nutze ich Wunderlist, bin mit der App superzufrieden, aber die WebApp hinkt im Funktionsumfang leider hinterher.

Damit verbunden habe ich auch ein sehr zerstreutes Konzept für ToDo-Listen: Ich nutze in vielen Tools ein ToDo-Tag, habe eine Reihe von Listen, die ich zwar noch ganz gut im Blick habe, aber latent in Gefahr bin, diesen zu verlieren. Ich habe es auch schon mit Zettel und Stift versucht, aber den habe ich noch unzuverlässiger dabei als mein Handy o.ä..

Hierzu meine Frage an die #opco-Community (und natürlich auch alle anderen): Habt Ihr Best Practices hierfür?

Ich weiß, der Blopost ist nun doch eher eine Mischung von PLEs und dem Thema der letzten Woche (Lerntechnologien) geworden. Aber ich denke, hier bedingt das eine das andere: Die PLE ist kein festes Konstrukt aus Tools. Auch, wenn es wünschenswert wäre, dass es lebenslang zur Verfügung stünde (vgl. Seufert 2007), so ändern sich doch die einzelnen Bestandteile: neue Tools kommen hinzu, weil sie besser sind oder neuen Bedürfnissen entsprechen, andere fallen weg, oder werden auf eine andere Art und Weise verwendet. Genau deshalb steigt auch die Bedeutung von Austauschformaten und offene APIs erlauben das importieren der bisherigen Datensätze in neue Tools. Die zur Verfügung stehenden Funktionen verändern unsere PLEs immer wieder. Und das ist gut so!(?)

Zum Nachlesen