Kurz ein wenig Kontext: Im Lehrbuchprojekt L3T 2.0, zu dem es hier schon einige Beiträge gab (unter dem Tag L3T), kümmern wir uns im Camp Chemnitz u. a. auch darum, dass die Kapitel des Open-Access-Lehrbuchs in relevanten Fachdatenbanken erscheinen (hier kann man mehr dazu lesen). Dabei ist die Fachdatenbank pedocs unsere erste Anlaufstelle: Neben der guten Sichtbarkeit und dem sehr netten und kompetenten Kontakt übernimmt pedocs noch die Eintragung in weitere Datenbanken UND hinterlegt Zählpixel der VG Wort.

Moment mal… VG Wort? Da hatten wir ja noch gar nicht dran gedacht. Sollten wir das auch auf unserer Webseite versuchen? Die Zugriffszahlen sollten reichen, also warum nicht? …aber das Ganze ist nicht so einfach… und so begann unsere Reise durch die Regularien der VG Wort, von denen ich hier ein wenig berichten möchte.

Hierzu gleich: Wir haben viel gelesen (sowohl auf offiziellen Webseiten als auch auf Blogs), mit den Mitarbeitern der VG Wort gesprochen und auch mit einigen Repository-Betreibern Erfahrungen ausgetauscht (hierzu zählen pedocs und das DIPF). Dennoch erheben wir keinen Anspruch auf Richtigkeit der Angaben und bitten ausdrücklich um Richtigstellung und weitere Hinweise!

tl;dr

Die VG Wort ist für das gedruckte Werk gemacht. Texte im Internet, egal ob Blogpost oder wissenschaftliche Publikation, werden zunächst nicht sehr viel anders behandelt. Für die Veröffentlichung an mehreren Orten (bspw. eigene Webseite und Fachdatenbank) und in unterschiedlichen Formaten scheint es keine Lösung zu geben, die den Urheber in angemessener Weise würdigt.

Die VG Wort

Die VG Wort schüttet Tantiemen für Textwerke an ihre Mitglieder aus und ist damit so etwas wie die GEMA für Texte – und etwa genauso “beliebt”. Ich will hier aber gar nicht auf andere Beispiele eingehen, da kann man sich im Internet belesen (ein Beispiel hier). Der folgende Abschnitt soll wirklich knapp erläutern, was die VG Wort macht und wie das vor allem für elektronische Texte aussieht.

Woher nimmt die VG Wort das Geld für die Ausschüttungen?

Immer dann, wenn Texte kopiert, verliehen, vermietet oder gezeigt werden ist die VG Wort da, um ein wenig Geld dafür einzusammeln, dass die Urheber diese Texte etwas davon abbekommen. Eigentlich keine schlechte Idee.

Wer bekommt davon etwas?

Potentiell jeder, der Texte verfasst, mit denen das oben Beschriebene (kopieren, verleihen, vermieten, zeigen etc.) geschehen kann. Dazu muss man sich anmelden und einen Vertrag abschließen. In Wissenschaft und Forschung ist das in der Regel ein Wahrnehmungsvertrag. Einmal angemeldet kann man seine Texte melden (und das jährlich bis zu einem bestimmten Stichtag) und die VG Wort prüft dann, ob das Werk die Mindestanforderungen dafür erfüllt, dass es bei der Ausschüttung berücksichtigt wird. Zu diesen Anforderungen gehört beispielsweise, dass ein Buch ausreichend oft in einer Bibliothek steht oder bei Texten im Internet, dass sie oft genug gelesen werden.

Für Texte im Internet gibt es also auch Tantiemen?

Ja, so sieht das die VG Wort vor und hat sich mit METIS (Meldesystem für Texte auf Internetseiten) auch ein Verfahren zum Umgang mit solchen Texten ausgedacht. Dabei muss man ein Zählpixel beantragen und packt das bisschen Code dann auf die Seite, wo der Text (mindestens 1800 “Anschläge”, also rund 13 Tweets 😉 ) steht. Erreichen die Zugriffe auf die Seite eine magische Grenze (2011 waren es 1500, PDF), dann gibt es Tantiemen, 2011 waren das 10€ ab 2500 Zugriffen, ab 6000 Zugriffen gab es 15€, ab 24.000 Zugriffen 20€.

Dann melden wir doch die L3T-Kapitel bei der VG Wort an! Aber wie?

Gerade weil L3T ein OER-Projekt ist, erscheint es sinnvoll, über die VG Wort-Tantiemen den Autoren ein wenig zurückgeben zu können. Das Geld, was man selbst mit jedem Kopierer und USB-Stick bezahlt, geht sonst nur an Sarazin und Co., da ist es doch besser, es unterstützt auch die (oft ehrenamtlich arbeitenden) Autoren in einem solchen Projekt. Sicher kann man das differenziert betrachten (bspw. hatten sich bei einer Umfrage der Wikimedia die Autoren dagegen ausgesprochen), das soll dann aber jedem Autoren freigestellt sein, ob er die L3T-Texte bei der VG Wort meldet. Die Voraussetzung dafür wollen wir aber gern schaffen. Aber das ist nicht so leicht, denn die L3T-Texte sind nicht nur jeweils ein Text im Internet…

Was unterscheidet die L3T-Artikel von dem Standard-Verständis der VG Wort von “Texten im Internet”?

Texte im Internet sind für die VG Wort nicht so sehr viel anders als die, die auf totem Holz im Bücherregal stehen: sie haben eine Mindestlänge (im Netz mind. 1800 Zeichen) und müssen wenigstens ein paar Mal aufgerufen worden sein (in Netz eben 1500 mal). Das mag für viele Texte im Netz kein Problem sein: Bei einem Blog hat man eben eine Post-Seite, auf der man das Zählpixel unterbringen kann (btw.: auf meinem Blog habe ich kein solches Pixel, vielleicht denke ich mal drüber nach, ich glaube aber kaum, dass ich die Mindestzahl erreiche). Aber bei den L3T-Kapiteln ist das an einigen Stellen anders:

1. Die Texte werden durch Dritte (L3T, Repository-Betreiber, etc.), d. h. nicht von den Autoren selbst online gestellt

Am Mittwoch, dem 28.08.2013 sollen die Kapitel online gehen. Am praktikabelsten wäre also eine Meldung zentral durch das L3T-Team. Aber es geht ja darum, dass am Ende die Autoren die Tantiemen bekommen.

Bekommt man die Einnahmen dann zentral und muss man dann weiterverteilen? Wie verläuft die Meldung?

2. Die Texte sind an verschiedenen Orten abrufbar

Wir waren ja darauf gekommen, auch Zählpixel für die L3T-Seite einzusetzen, als wir bei pedocs erfahren hatten, dass die Vergabe von Zählpixeln dort automatisch mit erfolgt.

Aber packt man dann einfach das gleiche Zählpixel auf zwei Seiten? Oder bestellt man zwei Zählpixel und rechnet die hinterher zusammen? Und was passiert, wenn die Kapitel auf weiteren Seiten oder in weiteren Datenbanken erscheinen (was durch die Veröffentlichung unter CC-BY-SA-Lizenz durchaus erlaubt wird)?

3. Die Kapitel werden in verschiedenen Formaten angeboten

Durch das Setzen in einem eigens von der TU Graz entwickelten Editor sollen die Kapitel nicht nur als PDF, sondern auch als HTML und ePub-Format erscheinen.

Aber auch hier stellen sich die Fragen: gleiches Zählpixel? Unterschiedliches Zählpixel…? Und wie können wir die Zählpixel in den verschiedenen Formaten integrieren?

Die Antworten (aktueller Recherche-Stand)

Gut, also was haben wir bisher herausgefunden? (Ich wiederhole: das sind aktuelle Recherche-Ergebnisse und wir sind uns absolut nicht sicher, ob das so stimmt und ob wir nicht auf anderen Wegen mehr erreichen können. Der Blog-Post ist durchaus auch dazu gedacht, Ideen und Erfahrungen einzusammeln, wie wir eine bessere Lösung erreichen können.)

zu 1.) Wer meldet die Texte der VG Wort?

Wir sind hier diverse Lösungen durchgegangen:

  • Die Meldung über die Autoren, d. h. konkret: die Autoren besorgen ein Zählpixel, senden uns den Code und wir bauen ihn ein, würde wohl zu lange dauern, zumal wir davon ausgehen, dass noch nicht alle Autoren bei VG Wort gemeldet sind und dieser Vorgang ein wenig dauert.
  • L3T bzw. der BIMS-Verein kann sich (nach Recherchen von Sandra) wohl nicht als Verlag anmelden. Zudem haben die letzten Diskussionen zum Leistungsschutzrecht mehrfach ergeben, dass es wohl keine klare Definition gibt, was ein Verlag ist.
  • Da unser Universitätsverlag prinzipiell auch Anmeldungen bei der VG Wort vornehmen kann, die Texte dann vermutlich auf den Servern der TU Graz liegen werden, hatten wir auch kurz ins Auge gefasst, das über die dortige Bibliothek zu regeln. Als uns eingefallen war, dass Graz in Österreich liegt, haben wir diesen Gedanken wieder verworfen…

Aber so schlimm war das Suchen nach einer Lösung hier nicht: es gibt anonyme Zählpixel. Laut Informationsblatt (PDF) dürfen diese Zählmarken u. a. von “Seitenbetreibern, die für Urheber auf der eigenen Seite schnell Zählmarken einbauen wollen, ohne sich bereits beim Einbau Gedanken über die Zuordnung der Zählmarken machen zu müssen” verwendet werden. Die bauen wir ein und geben dann die Codes an die Autoren weiter, die diese dann personalisieren, d. h. ihrem Nutzeraccount zuordnen können.

zu 2) Was passiert bei verschiedenen Abruforten?

Tja, hier ist unsere aktuelle Lösung weniger zufriedenstellend. Laut telefonischer Auskunft der VG Wort können unterschiedliche Zählpixel, die eigentlich zu einem Text gehören, nicht zusammengezählt werden. Der gleiche Code für ein Zählpixel kann aber an verschiedenen Stellen hinterlegt werden.

ABER von einem Mitarbeiter eines anderen Repository-Betreibers haben wir erfahren (weil uns eine solche Lösung nicht in den Sinn gekommen war und die VG-Wort-Ansprechpartnerin uns das auch nicht direkt gesagt hatte), dass dann nur die mittlere Zugriffszahl gilt, d. h. die Anzahl der Zugriffe durch die Anzahl der Zugriffsorte geteilt wird.

Ein Rechenbeispiel: Ein Kapitel wird auf der L3T-Webseite 1600mal heruntergeladen und hätte damit die erforderliche Mindestzahl zur Ausschüttung überschritten. In einem anderen Repository hat es 400 Zugriffe. Das macht 2000 Zugriffe insgesamt. Die VG Wort wertet aber nur das Mittel, d. h. 2000 Zugriffe durch zwei Zugriffsorte = 1000 Zugriffe und damit keine Ausschüttung.

Das ist sicher nicht im Sinne der Urheber. Also bleibt es zunächst die Lösungen mit den separaten Zählpixeln die bessere, wenn auch weit weg von einer Optimalvorstellung.

zu 2) Was passiert bei verschiedenen Abrufformaten?

Hier scheint gleiches wie bei der Frage 2 zu gelten: es sind ja zwei Abruforte und damit zwei Zählstellen. Dann lieber separate Pixel. Fun-Fact: Die Zählpixel gibt es nur für HTML und PDF. Das ePub-Format gibt es für die VG-Wort nicht 🙁

Fazit

Auch nach den vielen Recherchen sind wir uns nicht sicher, ob die gefundenen Antworten hier richtig sind. Leider bietet die Webseite der VG Wort nur wenig Antworten (zum Beispiel taucht der Begriff ePub nur in einer Handreichung zu Schulbüchern auf, eine Erklärung darüber, ob und warum das Format gemeldet werden kann, gibt es nicht).

Zudem ärgert mich die gewollte Intransparenz der VG Wort (die man auch schon von Druckwerke kennt): So heißt es beispielsweise zur Handreichung der anonymen Zählpixel (PDF Seite 9):

Können die Zugriffszahlen eingesehen werden?
Nein. Die Zugriffszahlen dienen allein der Feststellung des Mindestzugriffs bzw. der festgelegten Schwellenwerte und können von keinem Melder eingesehen werden.”

Warum die Einsicht in die Zugriffszahlen nicht möglich ist, wird nicht begründet.

Wir versuchen bei L3T nun also erst einmal, nach den oben genannten Lösungen vorzugehen, können aber nicht versprechen, dass das alles klappt und die Schwellenwerte für möglichen Ausschüttungen überhaupt erreicht werden. Wir bitten daher um Geduld und Verständnis, sollte uns hier irgend etwas behindern – und um Mithilfe, falls hier jemand andere Kenntnisse und Erfahrungen hat.

[Update] Nach einem Telefonat mit der VG Wort würde die Anmeldung eines Textes auf mehreren Webseiten nicht zu einer Dividierung der Zugriffszahlen führen… wir fragen jetzt noch einmal per Mail an.

Beitragsbild: to sign von ezola (CC-BY-SA)