Ich liebe meinen eBook-Reader! Ich kann im Dunkeln lesen, er hat eine Volltextsuche, ich habe immer alle Bücher in wenigen Gramm dabei, meine Regale werden nicht so vollgestellt…

TL;DR

Während einige am Papierbuch als einzig wahres und haltbares Medium für Bücher festhalten, schaffen es die Verlage offenbar nicht, diese flexibel genug bereitzustellen. Aber digital ist ja “nichts richtiges”, auch wenn sie beim Produzieren von Papierbüchern helfen könnte.

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Nur ein gedrucktes Buch ist ein echtes Buch! (Exkurs)

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Meinetwegen darf jeder so lesen, wie er oder sie es für richtig hält. Wer also gern totes Holz streichelt, den Geruch mag und “echte Seiten” umschlagen möchte, der soll das gern tun, bei Comics und Graphic Novels mag ich das auch lieber (bzw. haben eBooks hier noch Schwächen in Farbigkeit und Layoutierung). Was mich aber stört sind die Menschen, die mir sagen wollen, dass ich dann ja keine “richtigen Bücher” lesen würde. Beispiele gefällig?

“Ich hätte mir eher eine Initiative für Schulbibliotheken gewünscht. Bücher sind Wissen ohne Verfallsdatum.” Josef Kraus im ZDF

Der Präsident des Lehrerverbandes (damit aber nicht gleich Meinungsvertreter von Lehrerinnen und Lehrern, da er nicht von diesen gewählt wird) fände “echte Bücher” ohne Verfallsdatum”besser als Investitionen in die Digitalisierung von Schulen. Neben dem fraglichen “Wissen ohne Verfallsdatum” im inhaltlichen Sinne (Ist das auch bei einem Lexikon aus den 1930ern der Fall?), behalten wir doch mal die Idee im Kopf, Bücher aus Papier würden den Zugang zu Wissen physisch vereinfachten. Die gleiche Ansicht haben wir hier:

“Man braucht vielleicht eine Brille. Aber um ein Buch zu lesen, braucht man weder Steckdose noch Akku, und schneller aufgeschlagen als ein Tablet ist es meistens auch. Was die Haltbarkeit betrifft, so genügt der Hinweis auf die Gutenberg-Bibel von 1452: Ein Drittel der damaligen Auflage (180 Exemplare) existiert noch immer, und für die Lektüre der Folianten bedarf es keiner Software-Aktualisierung. Wie das in 564 Jahren mit PDFs und anderen Digitalisaten aussehen wird – wir werden es nicht erfahren. Ein paar Zweifel scheinen angebracht zu sein.” Norbert Frei in der SZ

Papierbücher sichern also eine längere Haltbarkeit. Soso. Es kommt dabei wohl drauf an, wie man sie behandelt, denn zwei drittel der Gutenberg-Bibel existiert dann wohl nicht mehr. Ein anderes Beispiel: Der Sachsenspiegel, ein noch erhaltenes Rechtsbuch aus dem 13. Jahrhundert kann aus konservatorischen Gründen nur 6 Wochen im Jahr ausgestellt werden, die digitalisierte Variante ist aber 24/7 zugängig.

Ob Digitalisate auch in Hunderten von Jahren noch brauchbar sind, kann ich nicht einschätzen (Herr Frei kann es aber auch nicht), vertraue aber auf entsprechende Konvertierungen.

Hamwa nicht, müsste man neu auflegen

Zu Weihnachten wollten wir ein Papierbuch verschenken (da die zu beschenkende Person keinen eReader hat und die Illustration unserer Meinung nach in der gebundenen Ausgabe sehr schön sind). Zuerst fiel mir die wunderbare Eddie-Dickens-Reihe von Philip Ardagh ein. Wir haben das Internet durchkämmt, aber wo man hinschaut ist das Buch vergriffen. Auch auf der Verlagswebseite findet man nur noch die Hörbücher.

Dann eben Ensel und Krete von Walter Moers. Auch hier ist die gebundene Ausgabe vergriffen. Wir haben uns dann missmutig für die Taschenbuchausgabe entschieden.

Auch das letzte Beispiel zeigt, wie die Papierbuchproduktion (und damit hauptsächlich die Verlage) dem Zugang zu Büchern im Weg stehen. Auf Netflix ist die wunderbare Serie “Eine Reihe betrüblicher Ereignisse” nach der Buchreihe von Lemony Snicket erschienen. Die Kritiken waren überwiegend gut, Neil Patrick Harris ist großartig in der Rolle des Graf Olaf und wer nicht auf die 2. Staffel warten möchte, könnte ja die Bücher lesen… könnte. Leider bleibt es beim Konjunktiv, denn auch hier sind die Papierbücher vergriffen. Der Verlag hat es offenbar nicht geschafft (oder gewollt), die Bücher neu aufzulegen und steht jetzt zwischen dem Autor und seinen Fans aka Leserinnen und Lesern.

Zu keinem der drei oben genannten Büchern wird ein eBook angeboten. Das wäre vermutlich kein “echtes” Buch. 😥 

Verlage, Ihr habt gepennt!

Ich habe nichts gegen Verlage, wenn sie ihren Job machen, nämlich Autorinnen und Autoren darin zu unterstützen, das Buch an ihre Leserschaft zu bringen. In den drei oben genannten Fällen (und sicher noch sehr vielen mehr) sind sie aber das Hindernis. Und hier werden die Verteidiger des “echten Papierbuchs” keine Gegenargumente finden: ein eBook kann nicht vergriffen oder nicht lieferbar sein!

Und was ist dann bitteschön so schwer daran, ein geeignetes und flexibles Produktionsverfahren für Papierbücher aufzusetzen? Klar sind Neuauflagen wirtschaftlicher und abseits der Paperback-Varianten kann man auch sehr schöne gebundene Fassungen mit allem Schnickschnack ermöglichen. Aber wenn das gerade nicht geht, warum wird dann nicht einmal Book-on-Demand (BoD) ermöglicht?

Ohne groß verglichen zu haben: der BoD-Dienstleister epubli kalkuliert für ein 150seitiges Taschenbuch im Softcover 4,91 Euro Druckkosten, 11,83 Euro sind es für ein Hardcover. Da ist noch ein guter Spielraum für Verlagskosten, Autorenhonorar, Vertrieb und deren Gewinnmargen – sicher etwas teurer als ein Exemplar einer regulären Auflage, dafür überhaupt verfügbar.

Warum wird so etwas nicht angeboten? Ich verstehe es schlichtweg nicht und bedauere, dass dadurch so viele tolle Bücher und deren Autorinnen und Autoren nicht die Anerkennung erfahren, die sie verdienen.

 

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